Gerwin Eisenhauer
"Welcome To The Jungle"
Drum'n'Bass-Workbook For Drummers
Diese
Schlagzeugschule ist ein Leitfaden, sich in der Ästhetik von Jungle/Drum'n'Bass/Breakbeat
zurechtzufinden.
-Übungen und Konzepte fürs Drumset
-Gedanken und Überlegungen zum Wesen dieser Musik
CD mit Übungen/Grooves und Play-alongs (Jamtracks)
Erschienen im
DUX-Verlag wo es
auch bestellt werden kann.
Inhalt
und Musikbeispiele
In der
STICKS
Ausgabe 9/05 ist es Buch des Monats.
STICKS über Gerwin Eisenhauer
This recording features the next generation of drum & bass and jazz with real played instruments.
WHY DO WE
PLAY IT?
Einer meiner Kollegen aus Übersee, der New Yorker Schlagzeuger Zach
Danziger, hat bei einem Workshop einmal gesagt: "I like it better, if
it's programmed." ("Mir gefällt's programmiert besser:") Dies ist ein
wichtiger Aspekt. Warum spielen wir auf dieser Platte mit „richtigen"
Instrumenten in einem Stil, der üblicherweise mit einem MAC und ein
einem Sampler fabriziert wird? Warum lassen wir die elektronische Musik
nicht einfach wie sie ist, nämlich elektronisch? Die Antwort bedarf
einiger Erklärungen:
Der Ursprung des Genres Drum'n'Bass ist ausnahmsweise einmal nicht
Afrika, Kuba, New Orleans oder irgendeine Folklore der Welt, sondern das
seit einigen Jahren für jedermann zur Verfügung stehende technische
Gerät und "know how", um Grooves zu programmieren, zu sampeln, durch den
elektronischen Reißwolf zu drehen und daraus etwas völlig Neues zu
kreieren.
(Goldie: "Wenn ihr euer eigenes Zeug nicht mehr erkennt, dann hab ich's
geschafft.")
Erst dieses technische Gerät sowie die Bedienbarkeit (und Bezahlbarkeit)
dessen für jedermann, hat die Stilistik Drum'n'Bass überhaupt erst
ermöglicht. Befinden wir uns also demnach im musikalischen
TERMINATOR-Land? Die Maschinen haben die musikalische Kontrolle
übernommen und sind in der Lage, Dinge zu spielen, die weder ein Vinnie
Colaiuta noch ein Dennis Chambers und schon gar nicht meine Wenigkeit
spielen könnten. Maschinen können Dinge, die uns unmöglich sind, sie
spielen genauer, sie produzieren Klänge, die wir nicht hinbekommen, sie
sind uns einfach in vielerlei Hinsicht überlegen.
Chris Norris, ein Autor der New Yorker Wochenzeitung "The Village Voice"
hat die Antwort auf unsere eingangs gestellte Frage in seinem Artikel
"Doing it live: Drum'n'Bass with drums and basses" auf den Punkt
gebracht: "Computer können unglaubliche Dinge, aber sie können nicht
einfach Tausende von Jahren musikalischer Rituale ausradieren. Menschen
sind Menschen. Sie spielen einfach immer noch gern:" Und ich denke, das
trifft es ziemlich genau.
Wir (ich glaube, ich darf an diesem Punkt auch für die Mitstreiter auf
diesem Album sprechen), haben unsere Instrumente gelernt, um mit anderen
zusammen Musik zu machen. Weil es uns einfach Spaß macht zu spielen.
Und dies ist die simple Antwort auf die einleitende Frage: Ich hatte
ganz einfach keine Lust, meine Tunes zu programmieren, sondern ich
wollte sie spielen. Amen, brother. Ehrlicherweise muß ich gestehen, daß
ich insgeheim trotzdem versucht habe, mit Händen und Füßen (im wahrsten
Sinne des Wortes) die Latte
zu nehmen, die mir all die Sampler und Drummachines vorgelegt haben. Der
scheinbar unvernichtbare Sportsgeist in uns Musikern. Oder unser völlig
verzweifelter Versuch, im musikalischen TERMINATOR-Land doch noch den
Sieg über die Maschinen zu erringen?
Natürlich wurde mir schnell klar, geht es um Disziplinen wie
Geschwindigkeit, Ausdauer und Präzision; hat man nicht den Hauch einer
Chance. Niemand kann einen 32tel Roll auf der Snare spielen und diese
gleichzeitig hochstimmen! Das kann eine Maschine schon! Auf der anderen
Seite können wir fehlerhafte und zur Sünde neigende Wesen andere
Parameter wie Feel, Dynamik oder musikalische Interaktion in diese
Stilistik einfließen lassen und damit Stärken ausspielen, die man einer
Maschine nur mit Schwierigkeiten, wenn überhaupt, antrainieren kann.
Somit können wir manches zwar nicht, anderes dagegen besser. Und eben
dies soll eine weitere Antwort auf unsere einleitende Frage sein: Wir
spielten deshalb auf diesem Album, damit es anders klingt. Und ich
hoffe, das hört man auch.
Abschließend möchte ich mich noch mal bei all denen bedanken, welche die
Grundlage dieser Ästhetik an ihren Rechnern entwarfen, mit der wir auf
dieser Scheibe spielen. Es waren keine in Hochschulen oder
Konservatorien ausgebildete Musiker, sondern mutige, eigenbrötlerische,
ausdauernde und gewitzte Geschöpfe der Nacht, die an ihren Computern und
Samplern diesen Musikstil kreiert haben. Und damit sind wir allesamt
Zeitzeugen der "musikhistorischen" Begebenheit, wie wir formal
gebildeten Jazz- und Popmusiker am Anfang des neuen Jahrtausends
beginnen, einen Musikstil auf unsere Instrumente zu übertragen; den DJ's
und Elektronikbastler durch das Herumschrauben an Maschinen erfunden
hatten.
Vielen Dank dafür und weiter so.
Gerwin
Eisenhauer, März 2004